I D Y L L E N - E I N   T A N Z S C H W A N K

von Ricarda Schuh und Andreas Haltermann

Idee/Choreografie/Tanz: Ricarda Schuh
Licht/Bühne: Andreas Haltermann
Dauer: 60 Minuten

Zuletzt im Ballhaus Naunynstraße Naunynstraße 27 10997 Berlin 29.1. - 1.2.2004

   

Idyll = Das Bild friedlichen und einfachen Lebens in (meist) ländlicher Abgeschiedenheit. Im 18. Jh. aus lat. Idyllium gr. Eidyllion entlehnt, das als Verkleinerungsbildung von gr. eidos "Bild, Gestalt" usw. eigentlich "Bildchen" bedeutet. Auch: "Gestalt, Trug-, Götzenbild, Idee, Idol"

Aus satirischem Blickwinkel wird der pathetisch überladene Begriff "Idylle" versuchsweise seiner Zwänge entledigt. In 10 Bildern erlebt der Zuschauer die rasante Suche nach Idyllen, die noch nicht in irgendeiner Schublade stecken, aber nach dem Abdanken der barocken Schäferin und ihrem Schäfer am murmelnden Bächlein ganz unheimlich schwer zu finden sind.

Ricarda Schuh und Andreas Haltermann präsentieren ein Kaleidoskop durchaus verwechselbarer Versatzstücke, die als persönliche Idylle erlebt werden. So wie Romantik im Allgemeinen mit "Candlelight-Dinner" oder blutrotem Sonnenuntergang assoziiert wird, verweisen sie auf Stereotypen, die als individuell wahrgenommen werden. Durch den ironischen Blickwinkel wird der pathetisch überladene Begriff "Idylle" versuchsweise seiner Zwänge entledigt.




Ricarda Schuh schafft eine außergewöhnliche Verbindung von zeitgenössischem Tanz und Schauspiel. Sie sieht im Klischee eine groteske Verkleidung für tiefe, allen Menschen eigene Sehnsüchte. Auf dem schmalen Grad zwischen dem Wunsch nach Überschaubarkeit und der Suche nach dem Abgrund, Ideal und Klischee, Idol und Ich wird auch der eigene Körper zum Spielfeld der Bestrebungen. Das Scheitern im alltäglichen Kleinkram wird zum Prinzip. Es gelingt ihr, den archaischen Kern im Banalen aufzuspüren.

Andreas Haltermanns Raumkunst ist visuelle Poesie. Seine Bühnenbilder überwinden mit virtuosen Lichtinstallationen und Projektionen den konkreten Ort. Sie erweitern den Tanzraum und schlagen den Bogen zum Existentiellen, das uns verbindet und gleichzeitig trennt. Er visualisiert mit eindrucksvollen Bildern die Sehnsuchts- und Zufluchtsorte im Alltag.

Die Tänzerin Ricarda Schuh und der bildende Künstler Andreas Haltermann arbeiten seit 1992 zusammen. Der Stil entwickelt einen intensiven Dialog zwischen bildnerischen und darstellenden Elementen. Das Ergebnis sind hintergründige, manchmal grotesk-komische Szenarien, die über die gewohnte Formel "Tanz + Bühnenbild" weit hinaus gehen. Mangels eines treffenden Terminus würdigte die Kritik ihr Stück "Absolute Ruhe bitte!" als ..."gelungene Mischung aus Tanz, Theater und Installation". Ihre Zusammenarbeit zeigt ein sicheres Gespür für starke künstlerische Metaphern, die hinter die Oberfläche alltäglicher Sichtweisen führen.




Fotos: Harry Wright, Rita Biermann